Die Giardien oder Giardia oder Lamblien (die Bezeichnung ist nicht einheitlich) der Art Giardia intestinalis oder Giardia lamblialis stellen einen für Biologen sehr interessanten Typ von Parasiten dar. Die tierischen Einzeller verfügen über keine Mitochondrien, das Energiewerk der Zellen; man nimmt an, dass diese im Verlauf der Evolution wieder verloren gingen. Darüber hinaus zeigen sie einen ungewöhnlichen Weg der Vermehrung, eine Meiose oder sexuelle Reifeteilung, obschon genetisch angelegt, wurde auch im Reagenzglas unter optimalen künstlichen Bedingungen noch nie beobachtet. Im oberen Dünndarm liegen die Lamblien als so genannte Trophozoiten vor, die eigentlich aktive Form, im unteren Dünndarm finden sich aber nur noch Zysten. Vermutlich wird dieser Wechsel durch das Fehlen bestimmter Cholesterine ausgelöst.
Die nur 20 Mikrometer großen Trophozoiten, im Mikroskop typisch birnenförmig mit zwei Kernen erscheinend, lassen sich in fast allen Säugetierarten nachweisen; befallen sind auch Vögel und Reptilien. Sie besitzen vier Geißelpaare und sind sehr beweglich, mit einer Haftscheibe kleben sie an der Darmschleimhaut ohne sie zu durchdringen. Unter günstigen Bedingungen findet sich der für den Menschen wichtigste Erreger, die Giardia intestinalis, dort mehrere Millionen Mal. Er vermehrt sich durch Teilung im Stadium des Trophozoiten.
Symptomlose Überträger
Die mit dem Kot ausgeschiedenen Zysten beherbergen jeweils zwei Giardien mit je zwei Zellkernen, die Hülle schützt die Parasiten sehr gut gegen Umwelteinflüsse. Sie trocknen wochenlang nicht aus, unter günstigen Bedingungen in nicht zu warmen und nicht zu kaltem Wasser bleiben sie bis zu einem halben Jahr infektiös. Sobald die Zysten über den Mund aufgenommen werden, beginnt der Zyklus im Darm von neuem.
Symptome und Diagnose
Ein Problem ist, dass sehr viele Menschen Lamblien im Darm haben, ohne sich schlecht zu fühlen oder überhaupt Beschwerden zu haben. Sie scheiden die Zysten der Lamblien möglicherweise jahrelang aus und infizieren andere. Die meisten Infektionen scheint das gesunde Immunsystem ohne weitere Probleme selbst vollständig in den Griff zu bekommen.
Kranke dagegen leiden an schubweise starken Bauchschmerzen, allgemeiner Übelkeit und teilweise schwerem Durchfall (Lamblienruhr). Mitteleuropäer fangen sich solch symptomatische Erkrankungen in der Regel bei Reisen in die Tropen insbesondere als Abenteuer- und Rucksacktourist. Da die Beschwerden oft Wochen nach der Rückkehr beginnen oder stärker werden, wird die Stellung der Diagnose erschwert. Diese erfolgt nach Anreicherung des Stuhls und Färbung mit dem Mikroskop; es wird nach den Zysten gesucht, da sich die Trophozoiten nur selten finden lassen.
Katzen, Fliegen und Therapie
Ungeklärt ist die Rolle der Hauskatze, die in Millionen deutschen Haushalten lebt. Sie ist nach den Erkenntnissen der Biologen besonders häufig mit Giardia intestinalis befallen. Trotz ihrer großen Zahl scheinen die Katzen für die Häufigkeit der Infektion kaum eine Rolle zu spielen. Das gilt auch für die Stubenfliege, die als Vehikel für eine Ansteckung verdächtigt wurde. Die Behandlung erfolgt sehr effektiv mit dem Antibiotikum Metronidazol, in Deutschland besteht (nicht namentliche) Meldepflicht.
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