Seit einigen Jahren rücken Viren mehr und mehr in das Interesse der Medizin. Sie werden als Aulöser für viele Erkrankungen verdächtigt oder überführt, die vorher unbekannte unklare Verursacher hatten. Ein gutes Beispiel sind die HPV oder humane Papillomaviren.
Durch die modernen molekulargenetischen Techniken wurden inzwischen mehr als 150 verschiedene Typen identifiziert, von ca. 120 davon ist die Struktur vollständig geklärt. Allen gemeinsam ist, dass es sich um doppelsträngige DNS-Viren handelt, die keine Hülle tragen. Sie sind zwar längst nicht so ansteckend wie z.B. das Windpocken-Virus, bei engem und intimen Kontakt ist eine Übertragung auf den anderen Menschen aber schnell geschehen.
Warzen
Schon lange bekannt ist die virale Genese der üblichen Hautwarzen an Fingern (vulgäre Warze oder Verruca vulgaris) und und ihrem Pendant an den Füßen und Fußsohlen (Verruca plantaris). Diese werden verursacht von den HPV-Typen 1, 2, 3 (nur Finger) und 4. Auch andere, meist zwar störende, aber harmlose Warzen haben ihre Ursache in HPV-Typen.
Wirkliche neue Erkenntnisse ergaben sich aber im Zusammenhang von HPV und Warzen im Genitalbereich; hier wurden gut 30 HPV-Typen geefunden. So sind die Feigwarzen (Condylomata acuminata) durch die HPV-Typen 6 und 11 bedingt. Sie finden sich an Eichel und Penisschaft beim Mann, an und im Scheideneingang der Frau wowie bei beiden möglicherweise im Bereich des Darmausgangs. Auf längere Sicht können Condyloma eine Vorstufe von Plattenepithelkarzinomen sein, die entsprechenden HPV-Typen werden daher als „low-risk“ bezeichnet. Condylome und andere HPV finden sich auch im Mund- und Rachenbreich und an den Stimmbändern.
Hohes Tumor-Risiko
Im Gegensatz dazu stehen die high-risk HPV-Typen, die vor allem mit bösartigen Erkrankungen des weiblichen Genitals in Verbindung gebracht werden. So finden sich in mehr als 99% der Zervixkarzinome (Gebärmutterhalskarzinom) high-risk HPV-Typen, besonders oft die Typen 16 und 18. Deren Protein E6 und E7 gelten als Tumorpromotoren, d.h., sie bewirken und beschleunigen ein Tumorwachstum. Andere Typen scheinen Unregelmäßigkeine der Schleimhaut zu verursachen (zervikale intraepitheliale Neoplasie, CIN I bis III))en verursachen zunächst dysplastische Veränderungen der Zervix, die in die Stadien CIN I bis III eingeteilt werden. Aufgrund ihres Übertragungsweges gehören HPV-Infektionen zu den sexuell übertragbaren Erkrankungen (englisch: sexually transmitted diseases, STD).
Das körpereigene Immunsystem scheint es in vielen Fällen zu schaffen, die genitale HPV-Infektion so erfolgreich zu bekämpfen, dass keine manifesten Tumoren entstehen. Eine regelmäßige Kontrolle durch einen Gynäkologen ist dringend anzuraten.
Therapie und Impfung
Die Behandlung aller HPV-Infektionen ist schwierig. Neben den bekannten äußerlich anzuwendenden Mitteln (Betupfen mit Lösungen von Podophyllin, 5-Fluoruracil ...), die nicht für alle Typen in Frage kommen und unter Anleitung eines Fachmannes /einer Fachfrau/ eingeleitet werden sollte, stehen moderne Mittel wie das Imiquimod zur Verfügung, die die Immunantwort des Körpers induzieren sollen.
Zur Unterstützung der körpereigenen Abwehr werden auch Eigenblutbehandlungen, Nosoden oder Thymusextrakte angewandt. Relativ neu ist die Impfung gegen einige der high-risk HPV-Typen.
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