Definition
Der sogenannte Cluster-Kopfschmerz ist eine äußerst belastende Schmerzerkrankung, in deren Rahmen es in bestimmten Abständen zu extremen einseitigen Kopfschmerzen kommt. Die Schmerzen werden als stechend bzw. bohrend beschrieben und nehmen ihren Ausgang meistens von einem Auge und der Nasenwurzel. Die Schmerzattacken treten häufiger nachts auf, aber auch über den Tag kann es im Extremfall bis zu achtmal zu den gefürchteten Schmerzen kommen. Die Name Cluster-Kopfschmerz kommt von der englischen Bezeichnung cluster, was im deutschen soviel wie „Haufen“ bedeutet. Damit wird der Charakter des Cluster-Kopfschmerzes recht treffend beschrieben, denn die Schmerzschübe treten zeitweise gehäuft auf, während sich daran oft lange beschwerdefreie Perioden anschließen.
Relativ selten aber extrem belastend
Die Clusterattacken zeichnen sich durch eine kaum auszuhaltende Schmerzintensität aus, die jene von Migräne teilweise noch deutlich übertrifft. Auch unterscheidet sich das Verhalten von Cluster-Patienten während einer akuten Phase deutlich von dem der von Migräne betroffenen Personen: Während Letztere sich kurz nach Beginn einer Attacke eher nach Bettruhe und Entspannung sehnen, führt ein akuter Cluster-Kopfschmerz zu starker motorischer Unruhe. Nicht selten laufen die von üblen Schmerzen gepeinigten Patienten stetig im Raum auf und ab, einige schlagen auch mit der Faust gegen die Wand oder gar gegen den Kopf.
Die Mehrzahl der Betroffenen ist männlich, auf Frauen entfallen lediglich 25 – 30 % der Fälle. Häufig kommt es im Alter zwischen Ende Zwanzig und Mitte Dreißig zum Ausbruch der wohl heftigsten Kopfschmerzerkrankung die derzeit bekannt ist. Für gewöhnlich leiden die Betroffenen über mehrere Jahrzehnte unter den Schmerzschüben. In den allermeisten Fällen ist dabei immer nur eine Gesichtshälfte betroffen, von wechselnden Seiten wird nur extrem selten berichtet. Schätzungen zu Folge sind in Deutschland zwischen 100.000 und 150.000 Personen erkrankt.
Weitere Symptome charakteristisch
Ohne eine adäquate Behandlung kann eine akute Attacke des Cluster-Kopfschmerzes bis zu 3 Stunden andauern, durchschnittlich ist aber eher mit 15 bis 45 Minuten zu rechnen. Auch wenn der mitunter als grausam und vernichtend beschriebene Kopfschmerz zweifelsohne das Hauptsymptom darstellt, gehören zum klassischen Cluster-Kopfschmerz auch noch weitere Merkmale. Am häufigsten kommt es zu einer starken Rötung der Bindehaut des Auges; typisch sind weiterhin Schweißausbrüche im Gesicht und eine laufende oder verstopfte Nase. Die für Migräne typische Übelkeit fehlt in der Regel völlig. Charakteristisch ist weiterhin, dass die Schmerzen häufig langfristig immer zur selben Tageszeit auftreten. Außerdem beobachten viele Patienten eine gehäufte Anfälligkeit in den Jahreszeiten Frühling und Herbst.
Cluster-Kopfschmerz: Unerforscht aber behandelbar
Über die biologischen Grundlagen der Entstehung der Krankheit ist bisher seitens der Forschung noch nicht viel bekannt. Lange Zeit vermutete die Wissenschaft entzündliche Prozesse in den Blutgefäßen des Gehirns, diese Theorie konnte aber mittlerweile eindeutig widerlegt werden. Gegen eine vaskuläre Ursache spricht auch insbesondere das regelmäßige Auftreten der Schmerzen zur gleichen Zeit. Vielmehr verdichten sich Hinweise darauf, dass eine Regulationsstörung der circadianen Rhythmik (biologische Tagesrhythmik) hinter den Schmerzen steht. Diese Hypothese wird gestützt durch die sowohl tageszeitliche als auch über das Jahr gesehene Regelmäßigkeit der Symptomatik. Hierzu werden derzeit intensive Forschungen getätigt.
Obwohl der Cluster-Kopfschmerz unheilbar ist, stehen doch zahlreiche Möglichkeiten für eine Linderung zur Verfügung. Auch die Anzahl der Schmerzattacken kann häufig signifikant verringert werden. Dabei gliedert sich die Therapie in zwei grundlegende Pfeiler:
- Die Akuttherapie: Hierbei geht es um die Behandlung eines akuten Schmerzschubes. Hierzu gilt die Inhalation von 100 %-igem medizinischem Sauerstoff als sehr effektiv. Eine weitere erfolgversprechende Akutbehandlung ist die subkutane Injektion von Sumatriptan (oder anderen Präparaten aus der Wirkstoffgruppe der Triptane). Herkömmliche Schmerzmittel sind wirkungslos.
- Die Prophylaxe bzw. Intervalltherapie: Diese zielt darauf ab Anfälle zu vermeiden. Hierzu kommen spezielle Arzneimittel wie Verapamil oder Kortison zur Anwendung. Außerdem sollten auslösende Faktoren wie Nikotin oder Alkohol gemieden werden.
Spricht der Patient auf keinerlei Therapie an, bleibt als Ultima ratio die Implantation eines Hirnschrittmachers – eine sehr neuartige aber hoffnungsvolle Therapieoption. Grundsätzlich richtet sich die Therapie auch nach der Art des Clusterkopfschmerzes. Dieser lässt sich wie folgt unterscheiden:
- Episodischer Cluster-Kopfschmerz: Hierbei schließen sich den Zeiten mit regelmäßigen Schmerzattacken monate- oder jahrelange beschwerdefreie Intervalle an.
- Chronischer Cluster-Kopfschmerz: In diesem Fall hält die Symptomatik über ein Jahr an und die Pausen dazwischen sind stets kürzer als 4 Wochen.
Veraltete Bezeichnungen für den Cluster-Kopfschmerz sind z. B. Bing-Horton-Syndrom oder Erythroprosopalgie. Weil einige Patienten in einer Akutphase vor Schmerzen an Suizid denken, existiert auch der abschreckende Begriff Selbstmord-Kopfschmerz.
© medizin.de 2013-2018 (Gunnar Römer)