Diabetes mellitus bezeichnet eine Reihe von Störungen des Blutzuckerstoffwechsels, deren gemeinsames Charakteristikum ständig erhöhte Blutzuckerwerte sind. Dies führt zu einer Reihe von Sofortbeschwerden und Langzeitfolgen, die ab einem gewissen Grad nicht mehr umkehrbar sind. Als krankhaft gilt ein Nüchtern-Blutzucker von über 126 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) und ein Langzeitblutzucker von über 6,5 Prozent. Je nach Entstehungsmechanismus wird zwischen den Diabetes-Typen I bis III und dem Schwangerschaftsdiabetes unterschieden. In den modernen Industrieländern gehört Diabetes mellitus mittlerweile zur Gruppe der Volkskrankheiten, das Gleiche gilt für die Schwellenländer Indien und China. In Deutschland leiden rund acht Millionen Menschen an dem auch schlicht Zuckerkrankheit genannten Leiden, weltweit sind es knapp 300 Millionen. Rund 95 Prozent entfallen dabei auf den Typ II, knapp fünf Prozent auf Diabetes Typ I. Weniger als ein halbes Prozent ist an Diabetes mellitus Typ III und der Schwangerschaftsform erkrankt. Experten schätzen, dass aufgrund von ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel bis zum Jahr 2030 jeder zehnte Mensch auf der Erde an Diabetes mellitus leidet. Der Begriff Diabetes mellitus kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „honigsüßer Durchfluss“. Damit ist gemeint, dass sich im Urin von Diabetikern Glukose nachweisen lässt und dieser deswegen süßlich schmeckt. Und tatsächlich diagnostizierten Ärzte früher die Erkrankung, in dem sie einen Schluck des Patientenharns probierten. Tritt Diabetes mellitus Typ I gewissermaßen schicksalshaft auf, ist für die Entstehung der Typ-II-Form vor allem die persönliche Lebensweise verantwortlich. Eine über Jahre hinweg falsche Ernährung in Kombination mit mangelnder Bewegung führt kontinuierlich zu Übergewicht und letztendlich zu einer Entgleisung des Zuckerstoffwechsels. Beim Typ I produziert die Bauchspeicheldrüse überhaupt kein Insulin mehr oder nur so wenig, dass es für eineeffektive Absenkung des Blutzuckers nicht mehr ausreichend ist. Autoimmunprozesse zerstören dabei meist bereits im Kindes- oder Jungendalter die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Dem Typ III liegen andere Erkrankungen zugrunde, die zumeist mit einer Beschädigung oder Zerstörung des insulinproduzierenden Organs einhergehen. Dies sind zum Beispiel Infektionskrankheiten, Krebs oder die Folgen einer Operation. Auch die Eisenspeicherkrankheit kann den Blutzuckerstoffwechsel gewissermaßen lahmlegen. Ein Schwangerschaftsdiabetes ist Folge des veränderten Hormonhaushalts während einer Schwangerschaft. Nach der Entbindung normalisiert sich die Situation in den meisten Fällen wieder. Symptomatisch sind alle Diabetes-Formen gleich, nur dass die Beschwerden beim Typ I schlagartig und heftig auftreten, während sie beim Typ II schleichend beginnen. Zur Diagnostik eines Diabetes mellitus gehören umfangreiche Blut- und Urinuntersuchungen. Obwohl die Krankheit als unheilbar gilt, lässt sich der Diabetes Typ II durch ein rechtzeitiges Einleiten einer Therapie und einer Neuordnung der Lebensgewohnheiten faktisch zum Stillstand bringen. Neuere Studienergebnisse sprechen hier sogar von einer Heilung, wobei dieses Wort bislang noch nicht Bestandteil der Diabetologie ist und daher nur vorsichtig verwendet werden sollte. Ein Schwangerschaftsdiabetes heilt nach der Schwangerschaft in der Regel folgenlos aus, wenngleich ein erhöhter Risiko eines erneuten Krankheitsausbruchs (dann meistens Diabetes Typ II) bleibt. Der Diabetes mellitus Typ III ist nur dann heilbar, wenn sich die Grunderkrankung zurückbildet. Dies ist aufgrund der Schwere der zugrunde liegenden Krankheiten ebenso selten wie unmöglich, wenn beispielsweise ein Teil der Bauchspeicheldrüse entfernt wurde. Definitiv nicht heilbar ist der Diabetes mellitus Typ I, bei dem lebenslang Insulin gespritzt werden muss. Die biotechnologische Nachzucht von Betazellen ist zwar Gegenstand intensiver Forschungen, gleichzeitig aber aktuell noch nicht beim Patienten anwendbar.
Diabetes mellitus: Ursachen
Allen Diabetes-Formen ist der krankhaft erhöhte Blutzucker gemein. Höchst unterschiedlich sind aber die Entstehungsformen. Um diese verstehen zu können, muss der biochemische Reaktionsmechanismus nach einer Mahlzeit bekannt sein. Der Nahrungsbrei gelangt nach der Magenpassage in den Dünndarm, wo der Zucker aus der Nahrung gelöst und durch die Darmwand in den Blutkreislauf gelangt. Hierauf reagiert die Bauchspeicheldrüse mit einer vermehrten Ausschüttung von Insulin, welches den Zucker aus dem Blut in die Zelle schleusen soll. Hier wird dieser schließlich verstoffwechselt und in Energie umgewandelt. Auf diese Art und Weise senkt Insulin den Blutzucker. Und genau dieser Mechanismus ist bei Diabetes mellitus auf verschiedene Art und Weise gestört.
Diabetes Typ I
Der Diabetes Typ I beruht auf einem Autoimmunprozess, der die insulinproduzierenden Betazellen innerhalb der Bauchspeicheldrüse zerstört.Das bedeutet, dass sich das eigene Immunsystem aus bislang nicht erklärbaren Gründen gegen das körpereigene Gewebe wendet und dies eliminiert. Der Prozess beginnt meistens bereits im Kindes- bzw. Jugendalter, kann aber auch später noch auftreten. Sind 80 Prozent der Beta-Zellen zerstört, kann der Körper nicht mehr genug Insulin für eine adäquate Blutzuckersenkung produzieren und der Zuckerstoffwechsel entgleist dauerhaft. Es besteht ein absoluter Insulinmangel.
Diabetes Typ II
Diabetes Typ II entsteht durch ein jahrelanges Überangebot an Kohlenhydraten bei gleichzeitig mangelnder körperlicher Aktivität. Rund 80 Prozent der Typ-II-Diabetiker sind aus diesem Grund übergewichtig. Die Bauchspeicheldrüse produziert zwar genug Insulin, die Körperzellen reagieren aber nicht mehr darauf. Es bestehen eine Insulinresistenz und ein relativer Insulinmangel. Obwohl das Insulin an die Zellen andockt, nehmen diese kaum noch Blutzucker auf. Stattdessen greifen die Zellen auf Fett- und Muskelgewebe zurück, weswegen Diabetiker ab einem gewissen Krankheitsstadium mitunter sogar Gewicht verlieren. Eine Zeit lang kompensiert die Bauchspeicheldrüse den Zustand durch eine vermehrte Syntheseleistung. Irgendwann aber erschöpft sich diese und die Insulinproduktion lässt nach. Wie es zu der Unempfindlichkeit der Zellen gegenüber dem Insulin kommt, ist noch nicht vollständig erforscht. Als wahrscheinlich gelten Entzündungsreaktionen, hervorgerufen durch Fettzellen am Bauch. Aus diesem Grund gilt: Je höher der Bauchumfang, desto eher tritt ein Diabetes Typ II auf. Neben dem Lebensstil spielen aber auch genetische Faktoren eine Rolle. So haben Kinder mit einem Diabetiker als Elternteil eine um 50 Prozent erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Diabetes mellitus Typ II zu erkranken als solche mit gesunden Eltern. Früher galt Diabetes II als klassische Erkrankung älterer Menschen, weswegen sich auch die Bezeichnung „Altersdiabetes“ durchgesetzt hat. Durch die immer ungesündere Lebensweise mit überwiegend sitzenden Tätigkeiten und einer ungesunden Ernährung, bestehend aus viel Industrie- und Fast Food steigt der Anteil junger Patienten dramatisch an.
Diabetes Typ III
Der Diabetes Typ III beruht auf Ursachen, die weder den Typen I und II noch dem Schwangerschaftsdiabetes zuzuordnen sind. Zugrunde liegen beispielsweise folgende Faktoren:
- - Zerstörung oder Funktionsminderung des Pankreas
- - Virusinfektionen
- - Tumorerkrankungen (v. a. Bauchspeicheldrüsenkrebs),
- - Medikamente
- - Folgen einer OP (v. a. bei einer (Teil-)Entfernung der Bauchspeicheldrüse)
- - Eisenspeicherkrankheit
- - Mukoviszidose
- - Pankreatitis
- - Alkoholmissbrauch
- - Genetischer Defekt der Betazelle
Schwangerschaftsdiabetes
Ein Schwangerschaftsdiabetes entsteht durch eine Entgleisung des Hormonhaushalts im Rahmen einer Schwangerschaft. Dabei sind die Blutzuckerwerte sehr häufig oder dauerhaft erhöht. Meistens bildet sich dieses Phänomen nach der Geburt des Kindes wieder vollständig zurück. Für die Frau bleibt aber zeitlebens ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für Diabetes mellitus II bestehen. Ein Schwangerschaftsdiabetes erhöht das Risiko einer Fehlgeburt oder Missbildungen beim Kind. Die Erkrankung entsteht spontan, wobei Frauen mit starkem Übergewicht oder genetischer Vorbelastung mehr gefährdet sind. Zudem gibt es Hinweise, dass Schwangerschaftsdiabetes vornehmlich Frauen trifft, die selber ein Geburtsgewicht von über 4.000 Gramm aufwiesen.
Verlauf
Diabetes mellitus verläuft meist lange Zeit symptomfrei. Gerade der Typ II beginnt schleichend und wird nicht selten bei einer Routineuntersuchung als Zufallsdiagnose entdeckt. Typisch für Diabetes mellitus Typ I ist ein sehr schlagartiger Beginn der Symptomatik, die dann auch zumeist heftiger ausfällt als bei den anderen Erkrankungstypen. Dies ist erstaunlicherweise erst dann der Fall, wenn bereits 80 Prozent der Betazellen zerstört sind. Auch ist das Risiko schwerer Komplikationen beim Typ I höher. Extrem hohe Blutzuckerwerte führen nicht selten zum diabetischen Koma. Typisches Anzeichen ist dabei der blumig-süße Azetongeruch, der im Atem der Betroffenen erkennbar ist.
Der im Rahmen eines Diabetes mellitus ständig erhöhte Blutzucker führt zu sofortigen Symptomen und verursacht Spätfolgen an diversen Organsystemen.
Die typischen, schnell eintretenden klinischen Anzeichen sind bei allen Typen vergleichbar und äußern sich wie folgt.
- - Ständiger Durst (Polydipsie)
- - Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie)
- - Müdigkeit & Abgeschlagenheit
- - Trockene Haut & Juckreiz
- - Verstärkte Infektanfälligkeit
- - Wechselnde Sehkraft
- - Heißhunger
- - Plötzliche Gewichtsabnahme
Die Niere versucht durch ständige Ausscheidungen dem erhöhten Zuckerwert entgegenzusteuern, was sich durch andauernden Harndrang, insbesondere nachts (Nykturie), äußert. Der große Flüssigkeitsverlust wiederum äußert sich mit ständigem Durst. Die wechselnde Sehkraft tritt bereits sehr früh nach Beginn der Erkrankung auf und ist dann noch kein Zeichen einer Netzhautschädigung. Diese tritt erst nach vielen Jahren mit Diabetes mellitus auf. Vielmehr verändert der hohe Blutzucker die osmotischen Verhältnisse, das heißt der Wasserstrom im Auge verläuft nicht mehr normal und es tritt vermehrt Flüssigkeit aus dem Glaskörper aus.
Neben den direkten Diabetes-Beschwerden führen die ständig erhöhten Blutzuckerwerte zu multiplen Schädigungen im Organismus, sofern keine adäquate Behandlung stattfindet.
Typische Spätfolgen von Diabetes sind:
- Diabetische Makroangiopathie:
Durch eine Schädigung der großen Blutgefäße steigt die Wahrscheinlichkeit kardiovaskulärer Ereignisse, wie zum Beispiel Herzinfarkt, Schlaganfall, Arteriosklerose oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK). Bluthochdruck und Tabakkonsum verschlimmern das Geschehen.
- Diabetische Mikroangiopathie:
Der hohe Blutzucker schädigt vor allem auch die kleinsten Blutgefäße, deren Wände durchlässig werden und zunehmend Verdickungen aufweisen. In besonders empfindlichen Geweben wie der Netzhaut und der Niere kommt es zu folgenreichen Durchblutungsstörungen.
- Diabetische Retinopathie:
Durch die Zerstörung der Mikrogefäße in der Netzhaut vernarbt das Gewebe mit der Folge irreparabler Sehstörungen bis hin zur Erblindung. Etwa jeder dritte Fall einer Blindheit geht in Europa auf das Konto von Diabetes mellitus.
- Diabetische Nephropathie:
Die Niere reagiert besonders empfindlich auf ständig erhöhte Blutzuckerwerte. Ihr Gewebe wird nachhaltig zerstört, die Folgen gehen von einer Niereninsuffizienz bis hin zum vollständigen Nierenversagen. Da die Niere entscheidend an der Blutdruckregulation beteiligt ist, entsteht auf diese Art häufig ein Bluthochdruck (Hypertonie). Etwa jeder zweite Dialysepatient ist Diabetiker.
- Diabetischer Fuß:
Bei dieser häufigen Diabetes-Folge zeigt sich eine massiv gestörte Wundheilung an den Füßen. Bereits kleinste Wunden verheilen nicht, sondern wandeln sich vielmehr in eine Art Geschwür (Gangrän) um. Ursache ist auch hier eine Zerstörung der kleinsten Blutgefäße durch den Zucker. Sauerstoff und Nährstoffe gelangen nicht mehr zur Wunde. Eine medizinische Fußpflege sollte hierbei nur von Experten durchgeführt werden. Eine optimale Einstellung des Diabetes kann den diabetischen Fuß verhindern. Amputationen sind heute nur noch selten notwendig. Betroffene sollten auf besonders bequemes Schuhwerk achten.
- Diabetische Neuropathie:
Auch die Nerven nehmen langfristig Schaden, betroffen sind vor allem die kleinen Nervenfasern. Symptomatisch zeigt sich dies meist durch brennende und schmerzende Beine, Kribbeln und Taubheitsgefühle. Auch Temperatur- und Schmerzwahrnehmung sind mitunter beeinträchtigt. Motorische Nerven können ebenfalls geschädigt werden und dies führt dann zu Bewegungsstörungen.
- Sexuelle Störungen:
Nerven- und Blutgefäßschäden beeinträchtigen die Erektionsfähigkeit. Außerdem lässt die sexuelle Lust nach, Menstruationsblutungen können zudem spontan ausbleiben.
- Weitere Folgen:
Diabetiker leiden häufig unter depressiven Episoden, vor allem wenn die Erkrankung schon lange besteht. Auch die Verdauung leidet unter der schweren Stoffwechselkrankheit.
Diabetes mellitus: Diagnose
Der richtige Ansprechpartner für die Diagnostik und Therapie ist ein Internist mit der Zusatzbezeichnung Diabetologie oder Endokrinologie. Wichtiger Anfangspunkt der Diagnostik ist eine ausführliche Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und Patientenbefragung. Das weitere Prozedere besteht in einer umfangreichen Labordiagnostik. Im Urin von Diabetikern findet sich Glukose, da die Niere ab Blutzuckerwerten von 180 mg/dl mit der Ausscheidung von Zuckermolekülen beginnt. Außerdem lassen sich auf diese Weise Ketonkörper nachweisen. Das sind Abbauprodukte der Fettverbrennung, auf die der Körper mangels Zuckerverwertung zurückgreift. Die Messung des Nüchtern-Blutzuckers liefern beim Gesunden Werte unter 100 mg/dl, bei Diabetikern liegen sie nach acht- bis zehnstündiger Nahrungskarenz regelmäßig über 126 mg/dl. Größere Bedeutung in der diabetologischen Diagnostik hat aber der Langzeitblutzuckerwert HbA1c, der den Anteil an mit Zucker verbundenem Hämoglobin aufzeigt. Hieraus lässt sich in etwa ableiten, wie hoch die Zuckerwerte in den vergangenen acht bis zehn Wochen waren. Ein Wert von über 6,5 Prozent gilt beim Typ II als erhöht. Typ-I-Diabetiker weisen oft höhere Werte auf, weswegen bei ihnen ein Referenzwert von 7,5 Prozent gilt.
Manchmal angewendet wird auch der Glukosetoleranztest, der die Fähigkeit des Organismus zum Zuckerabbau misst. Nach mindestens achtstündiger Nüchternheit wird der Blutzucker bestimmt. Anschließend trinkt der Patient eine Zuckerlösung aus 300 Millilitern Wasser und 75 Gramm Zucker. Nach zwei Stunden wird erneut der BZ gemessen. Werte unter 140 mg/dl sind unauffällig, 140 bis 199 mg/dl weisen auf eine Vorstufe des Diabetes hin (Prädiabetes) und ab 200 mg/dl spricht man von einem Diabetes mellitus. Um einen Diabetes Typ I zu erkennen, wird ein spezieller Bluttest zum Nachweis entsprechender Antikörpern durchgeführt. Diabetiker sollten einmal im Quartal zur Untersuchung gehen, bei der meistens der HbA1c-Wert gemessen wird. Zudem prüft der Arzt die
Durchblutung und Sensibilität der Füße und hört gegebenenfalls die Halsschlagader nach eventuellen Verengungen ab. Einmal im Jahr sollten Diabetiker ihre Augen gründlich untersuchen lassen.
Diabetes mellitus: Therapie
Zentrales Therapieziel ist die Normalisierung der Blutzuckerwerte und damit die Verhinderung von Beschwerden bzw. Spätfolgen. Die genaue Behandlung richtet sich dabei nach der Krankheitsursache und damit nach dem Typ. Die Therapie des Diabetes mellitus Typ I besteht in einer lebenslangen Gabe von Insulin. Alle weiteren Medikamente sind ebenso wirkungslos wie eine Änderung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten. Die Krankheit kann nicht geheilt werden. Beim Typ II kann der Patient die Entwicklung seiner Krankheit viel selbst beeinflussen. So beruht auch die Behandlung auf einer Art Stufenplan. Gerade bei jungen Patienten wird zunächst versucht, der Erkrankung durch eine Ernährungsumstellung und mehr Bewegung Herr zu werden. Die damit einhergehende Gewichtsreduktion wirkt sich praktisch immer günstig auf den Blutzuckerstoffwechsel aus. Obwohl auch der Diabetes Typ II als unheilbar gilt, kann die Erkrankung durch rechtzeitiges Eingreifen vollständig zurückgedrängt werden.
Reichen diese Maßnahmen nicht aus, verschreibt der Arzt Medikamente. Diese sogenannten oralen Antidiabetika beeinflussen auf verschiedene Art und Weise das Krankheitsgeschehen.
Zu den wichtigsten Diabetes-Medikamenten gehören folgende Wirkstoffgruppen:
- Biguanide:
Hierzu gehört unter anderem das bekannte Metformin. Biguanide werden in Tablettenform genommen und fördern die Aufnahme von Blutzucker in die Zellen. Gleichzeitig hemmen sie die Glukoseproduktion der Leber (Gluconeogenese). Gerade für übergewichtige Diabetiker sind diese Wirkstoffe sehr hilfreich. Allerdings verursachen sie häufig Übelkeit, Durchfall und Appetitlosigkeit. Wobei gerade letztgenannter Effekt durchaus von Vorteil sein kann, gerade bei starkem Übergewicht. Kontraindiziert sind Biguanide bei Nierenerkrankungen.
- Sulfonylharnstoffe:
Wirkstoffe dieser Art fördern die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse. Ist deren Funktion bereits erschöpft, ist die Wirkung dieser Arzneimittel begrenzt. Zudem können Gewichtszunahme und Unterzuckerung die Folge sein. Nierenpatienten dürfen Sulfonylharnstoffe nicht nehmen.
- Interkrinantagonisten:
Wie der Name bereits verrät, ahmen diese Arzneimittel die Wirkung des körpereigenen Hormons Intekrin nach. Dazu gehört eine nahrungsmittelabhängige Insulinausschüttung und eine Sekretionshemmung des blutzuckersteigernden Hormons Glukagon. Interkrinantagonisten werden häufig als wöchentliche Spritze verabreicht und mit Biguaniden kombiniert. Sie sind noch relativ neu auf dem Markt und gelten als gut verträglich, können aber Durchfall hervorrufen.
- Resorptionshemmer:
Eine weitere Medikamentengruppe hemmtdie Aufnahme vonGlukose direkt im Dünndarm.
Kann auch durch alle bislang genannten Maßnahmen der Diabetes Typ II nicht ausreichend behandelt werden, muss auch hier Insulin gespritzt werden. Bewährt hat sich das sogenannte Basis-Bolus- Prinzip, bei der Patienten ein schnell- und kurzwirkendes Insulin mit einem langsam aber lange wirkenden Insulin kombinieren. Das langwirkende, sogenannte Depot-Insulin bietet ganztätig eine ausreichende Versorgung, während das Insulin mit schnellem Wirkungseintritt vor allem nach Mahlzeiten eine schnelle Blutzuckerabsenkung gewährleisten soll. Insulin ist ein Eiweiß und kann daher nicht als Tablette verabreicht werden. Die Magensäure würde die Proteinkette aufspalten und damit unwirksam machen. Eine vollkommen gleichmäßige Insulinversorgung ermöglicht eine Pumpe, die aber eher bei dem Typ I verwendet wird. Kurzzeitig war Insulin auch in Form von Spray (ähnlich dem Asthmaspray) erhältlich, wurde aber kurz danach wieder vom Markt genommen. Eine gentechnologische Nachzucht von Betazellen wäre für Typ-I-Diabetiker sehr hilfreich, ist aber derzeit noch nicht für den breiten Einsatz am Patienten bereit.
Zur Therapie des Diabetes Typ II gehört außerdem die Patientenschulung, in der die Betroffenen alles über ihre Erkrankung und den Umgang damit lernen. Vermittelt werden Verhaltens- und Ernährungstipps und Methoden wie Blutzuckermessung und Medikamenteneinnahme. Für alle Diabetiker ist die gezielte Behandlung von Begleiterkrankungen essentiell. Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck müssen optimal eingestellt sein. Gerade Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum sollten dringend unterlassen werden. Bei der Injektion mit Insulin besteht bei falscher Anwendung eine gewisse Gefahr der Unterzuckerung.
Diese zeigt sich beispielsweise durch:
- Kaltschweißigkeit - Herzrasen
- Schwindel
- Schläfrigkeit
- Ohnmacht
In diesem Fall ist eine sofortige Kohlenhydratgabe (z. B. ein Stück Traubenzucker oder Cola) notwendig. Erholt der Patient sich nicht sofort, muss unverzüglich ein Arzt alarmiert werden.
Was ist Diabetes mellitus?
Unter der Bezeichnung Diabetes mellitus ist eine Reihe von Erkrankungen des Zuckerstoffwechsels zusammengefasst, deren gemeinsames Charakteristikum ein permanent und langfristig zu hoher Stoffwechsel ist. Dieser Zustand führt langfristig zu multiplen Organschäden, wobei die Augen, die Nieren und die Füße besonders stark von der Stoffwechselentgleisung betroffen sind. Der Begriff Diabetes mellitus kommt aus dem Griechischen und bedeutet „honigsüßer Durchfluss“. Damit ist die Tatsache gemeint, dass sich bei dieser Erkrankung Glukose im reichlich produzierten Urin feststellen lässt. Und tatsächlich haben Ärzte früher den Urin ihrer Patienten auf einen süßen Geschmack hin probiert.
Diabetes mellitus gehört zu den häufigsten Erkrankungen in den modernen Industrie- aber auch Schwellenländern, wie vor allem Indien und China. Alleine in Deutschland sind rund 8 Millionen Menschen von dem auch schlicht als Blutzuckerkrankheit bezeichneten Leiden betroffen. Zu wenig Bewegung und eine zuckerhaltige Ernährung sorgen für ein stetiges Ansteigen der Fallzahlen. So rechnen Experten verschiedener Gesundheitsorganisationen damit, dass im Jahr 2030 jeder zehnte Mensch von Diabetes mellitus betroffen ist. Es gibt verschiedene Typen dieser Erkrankung.
Welche verschiedenen Diabetes-Typen gibt es?
Unterschieden wird zwischen Diabetes mellitus Typ I, Typ II und den weniger bekanntem Typ III. Weiterhin bezeichnen Ärzte eine nachhaltige Störung des Zuckerstoffwechsels während der Schwangerschaft als Schwangerschaftsdiabetes. Im Rahmen des Typ I zerstört das eigene Immunsystem die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse (Beta-Zellen). Ein solcher Vorgang wird in der Medizin als Autoimmunprozess bezeichnet. Meistens bereits im Kindheitsalter beginnend, sind die Zellen nicht mehr in der Lage ausreichende Mengen des blutzuckersenkenden Hormons Insulin zu produzieren. Die Patienten müssen somit lebenslang Insulin spritzen.
Für den Typ-II-Diabetes ist meistens die Lebensführung verantwortlich. Starkes Übergewicht, eine ungesunde Lebensweise und wenig Bewegung verbunden mit einer genetischen Vorbelastung führen zu einem schleichenden Ausbruch der Erkrankung. Die Diagnose wird daher oftmals erst spät gestellt. Durch eine geeignete Umstellung von Ernährung und Lebensweise kann sich der Stoffwechsel wieder normalisieren. Manchmal sind aber Medikamente aus der Gruppe der oralen Antidiabetika oder sogar Insulin notwendig.
Als Diabetes Typ III werden alle Zuckerstoffwechselstörungen bezeichnet, die weder dem Typ I noch dem Typ II zuzuordnen sind. Hier entsteht der Diabetes durch verschiedene Grunderkrankungen, wie eine Tumorerkrankung oder operative Entfernung/Beschädigung der Bauchspeicheldrüse, Viruserkrankungen, Medikamente oder sonstige, den Zuckerstoffwechsel störenden Faktoren.
Im Rahmen eines Schwangerschaftsdiabetes entgleisen die Blutzuckerwerte durch hormonelle Veränderungen in der Schwangerschaft. Meistens bildet sich dies nach der Entbindung wieder zurück, es bleibt aber ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für die Mutter. Zudem besteht eine gewisse Gefahr, dass sich beim Kind Fehlbildungen entwickeln oder es zu einer Fehlgeburt kommt.
Warum habe ich Diabetes mellitus?
Das hängt von dem Typ der Erkrankung ab. Ein Typ-I-Diabetes entsteht durch Autoimmunprozesse im Körper. Hier spielt die Lebensweise und das Körpergewicht keine Rolle. Die Erkrankung tritt gewissermaßen schicksalshaft auf. Diabetes mellitus Typ II ist die Folge von Übergewicht, zu wenig Bewegung und einer ungesunden Lebensweise. Der Typ III ist meist Ergebnis einer anderen, meist schwerwiegenden Erkrankung oder der Einnahme bestimmter Medikamente. Ein Schwangerschaftsdiabetes tritt sporadisch auf.
Kommt Diabetes mellitus häufig vor?
Ja, zumindest der Typ II. Er gilt in praktisch allen modernen Industrieländern und einigen Schwellenländern, insbesondere in Indien und China, längst als Volkskrankheit. Knapp 300 Millionen Menschen leiden weltweit an der Stoffwechselerkrankung, wobei 95 Prozent auf Diabetes Typ II entfallen. Knapp fünf Prozent leiden unter Typ I, nur der Bruchteil eines Prozents verteilt sich auf den Diabetes mellitus Typ III und den Schwangerschaftsdiabetes. Expertenschätzungen zu folge leidet bis zum Jahr 2030 jeder zehnte Mensch auf der Erde an Diabetes mellitus. Die Gründe hierfür liegen in einer stark zuckerhaltigen Ernährung (zum Beispiel durch industriell hergestellte Lebensmittel) und mangelnder Bewegung. Daviele Maschinen heute die körperlichen Arbeiten von früher übernehmen, steigt der Anteil an sitzenden Tätigkeiten deutlich.
Welche Beschwerden verursacht Diabetes mellitus?
Zunächst einmal verursacht Diabetes mellitus lange überhaupt keine Beschwerden, weswegen die Erkrankung häufig zufällig diagnostiziert wird. Die Symptome der verschiedenen Diabetes-Typen sind vergleichbar, allerdings treten sie beim Typ I schlagartig und heftig auf, während sie beim Typ II langsam aufkeimen und sich in einem langen Zeitintervall verstärken. Zu den typischen Beschwerden gehören:
- - Ständiger Durst (Polydipsie)
- - Vermehrtes Wasserlassen (Polyurie)
- - Müdigkeit & Abgeschlagenheit
- - Trockene Haut & Juckreiz
- - Verstärkte Infektanfälligkeit
- - Wechselnde Sehkraft
- - Heißhunger
- - Plötzliche Gewichtsabnahme
All diese Symptome sind Ausdruck ständig erhöhter BZ-Werte. Insbesondere der starke Durst und der häufige Harndrang, vor allem auch über Nacht (Nykturie), sind Alarmzeichen. Die Niere versucht, durch vermehrte Ausscheidung dem hohen Blutzucker entgegenzuwirken. Der hierdurch verursachte Wasserverlust äußert sich in einem kaum zu lindernden Durstgefühl. Die wechselnde Sehkraft tritt bereits sehr früh nach Beginn der Erkrankung auf und ist dann noch kein Zeichen einer Netzhautschädigung. Diese tritt erst nach vielen Jahren mit auf. Vielmehr verändert der hohe Blutzucker die osmotischen Verhältnisse, das heißt der Wasserstrom im Auge verläuft nicht mehr normal. So tritt bei sehr hohem Zucker viel Wasser aus dem Glaskörper aus.
Neben den direkten Diabetes-Beschwerden führen die ständig erhöhten Blutzuckerwerte zu multiplen Schädigungen im Organismus, sofern keine adäquate Behandlung stattfindet.
Typische Spätfolgen von Diabetes sind:
- - Herzinfarkt, Schlaganfall, Arteriosklerose, periphere arterielle Verschlusskrankheit
- - Netzhautschädigung (Diabetische Retinopathie)
- - Zerstörung der kleinen und großen Blutgefäße (Diabetische Angiopathie)
- - Nierenschädigung (Diabetische Nephropatie)
- - Wundheilungsstörungen
- - Diabetischer Fuß
- - Nervenschäden (Diabetische Neuropathie)
- - Sexuelle Dysfunktionen (Erektionsstörungen, Libidoverlust)
- - Menstruationsstörungen
Die genannten Spätfolgen treten umso eher auf, je schlechter der Diabetes eingestellt ist. Die Symptome beim Diabetes Typ III und beim Schwangerschaftsdiabetes sind vergleichbar.
Was sind die Ursachen eines Diabetes mellitus?
Das hängt vom Typ ab. Der Diabetes mellitus Typ I ist gekennzeichnet durch eine meist im Kindesalter beginnende Zerstörung der insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. Dies geschieht als Folge eines Autoimmunprozesses, bei dem das eigene Immunsystem körpereigene Gewebe als fremdartig erkennt und zerstört. Folglich kann kein Insulin mehr produziert werden, ein blutzuckersenkender Effekt im Körper fehlt völlig.
Bei der Typ-II-Form ist in aller Regel die Lebensweise kombiniert mit einer genetischen Vorbelastung ursächlich. Ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung und starkes Übergewicht führen dazu, dass die Körperzellen resistent gegen Insulin werden. Das Hormon wird zwar noch ausreichend produziert, die Zellen reagieren aber nicht mehr mit einer Aufnahme und Verstoffwechselung des Blutzuckers. Die Bauchspeicheldrüse kompensiert dieses Phänomen zunächst mit einer immer stärkeren Insulinausschüttung. Nach einer gewissen Zeit erschöpft sich aber deren Leistung und der Zuckerstoffwechsel entgleist vollends.
Der seltene Typ-III-Diabetes entsteht durch eine Schädigung der Bauchspeicheldrüse bzw. der Betazellen durch Tumore, Medikamente, Virusinfektionen, Operationen oder Begleiterkrankungen wie die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose). Extrem selten ist auch eine genetische Mutation innerhalb der Betazellen ursächlich. Beim Schwangerschaftsdiabetes dagegen entgleist der Zuckerstoffwechsel durch die hormonellen Veränderungen. Meistens reguliert sich dieser aber nach Ende der Schwangerschaft wieder von selber.
Welche Risikogruppen gibt es für die Entstehung von Diabetes mellitus?
Stark übergewichtige Menschen besitzen prinzipiell ein erhöhtes Erkrankungsrisiko für den Typ II, vor allem wenn nahe Verwandte betroffen sind/waren. Eine zuckerreiche Ernährung und wenig Bewegung spielen eine entscheidende Rolle bei der Krankheitsentstehung. Obwohl die Wahrscheinlichkeit zu erkranken mit dem Alter steigt, sind immer mehr junge Menschen betroffen. Diabetes mellitus Typ I entsteht spontan, sodass hierfür keine spezielle Risikogruppe genannt werden kann. Allenfalls eine familiäre Häufung lässt auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten schließen. Grundsätzlich gehören alle Personen mit schweren Erkrankungen im Bereich der Bauchspeicheldrüse zur Risikogruppe für den Diabetes Typ III. Der Schwangerschaftsdiabetes trifft, wie der Name bereits verrät, schwangere Frauen. Obwohl die Erkrankung sehr selten auftritt, gelten als Risikopersonen jene Frauen, die übergewichtig sind, nahe Verwandte mit Diabetes mellitus haben und ein bei der eigenen Geburt ein Gewicht von über 4.000 Gramm aufwiesen.
Wie wird Diabetes mellitus diagnostiziert?
Beim Typ I führt meist die plötzlich einsetzende Diagnostik zum Arzt, während der Typ II oft zufällig entdeckt wird. Neben einer ausführlichen Patientenbefragung beginnt die Diagnostik meist mit einer Urinuntersuchung. Beim Gesunden wird keinerlei Glukose über den Harn ausgeschieden, erst ab Werten oberhalb von 180 Milligramm pro Deziliter (mg/dl) scheidet die Niere den Zucker aus. Glukose im Urin weist also auf die Erkrankung hin. Zudem lassen sich im Urin von Diabetikern Ketonkörper nachweisen, das sind Abbauprodukte des Fettstoffwechsels. Dieser wird zur Energiegewinnung herangezogen, da der Blutzucker ja nicht mehr ausreichend verwertet werden kann. Im Rahmen einer Blutuntersuchung fallen erhöhte Nüchternwerte auf. Beim Gesunden liegt der Nüchtern-Blutzucker bei unter 100 mg/dl und steigt nach dem Essen auf rund 140 mg/dl. Die genannten Symptome (wie zum Beispiel ständiger Durst) und ein Nüchtern-BZ von über 126 mg/dl weisen auf einen Diabetes mellitus hin. Große diagnostische Bedeutung hat auch der HbA1c-Wert, auch bekannt als Langzeitblutzucker. Dieser wird in Prozent angegeben und beschreibt den Anteil des Hämoglobins, welches mit Zuckermolekülen besetzt ist. Er erlaubt eine Beurteilung der durchschnittlichen Blutzuckerwerte der vergangenen acht bis zehn Wochen. Ein Wert ab 6,5 Prozent gilt als bedenklich. Beim Typ-I ist ein Wert ab 7,5 Prozent pathologisch. Wichtig in der Diabetes-Diagnostik ist zudem der Glukosetoleranztest. Nach zehn- bis zwölfstündiger Nahrungskarenz wird bei dem Patienten der Blutzucker gemessen. Anschließend trinkt er innerhalb von fünf Minuten eine Zuckerlösung, bestehend aus 300 Milliliter Wasser und 75 Gramm Zucker. Zwei Stunden erfolgt eine erneute BZ-Messung. Liegt der Wert dann bei unter 140 mg/dl, ist der Patient gesund. Bei Werten zwischen 140 und 199 mg/dl liegt bereits ein gestörter Zuckerabbau vor und Werte ab 200 mg/dl bestätigen die Diagnose Diabetes mellitus. Ein Typ I lässt sich durch Nachweis spezifischer Antikörper im Blut sicher diagnostizieren. Typ III und der Schwangerschaftsdiabetes sind entsprechende Begleitumstände gebunden, die ihrerseits diagnostiziert werden müssen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es gegen Diabetes mellitus?
Typ-I-Diabetiker haben einen absoluten Insulinmangel und müssen daher lebenslang Insulinspritzen. Alle weiteren Diabetes-Medikamente helfen hier nicht, da bereits die Produktion des blutzuckersenkenden Hormons gestört ist. Auch die Ernährung oder Sport können keinen Einfluss auf das Krankheitsgeschehen nehmen. Anders beim Typ II, wo zunächst eine Änderung der Lebensgewohnheiten versucht wird. Hierzu gehören insbesondere eine Ernährungsumstellung, ausreichend Bewegung und eine Gewichtsabnahme. Unterstützend können verschiedene Medikamente, sogenannte orale Antidiabetika genommen werden. Diese greifen auf verschiedene Art und Weise in den Zuckerstoffwechsel ein. Die bekanntesten Wirkstoffe sind die Biguanide. Sie stimulieren die Aufnahme von Blutzucker in die Zellen und hemmen gleichzeitig die Glukoseproduktion der Leber (Gluconeogenese). Insbesondere bei stark übergewichtigen Diabetikern lassen sich die Blutzuckerwerte auf diese Weise effektiv senken. Häufigste Nebenwirkung dieser Präparate ist Durchfall. Die sogenannten Sulfonylharnstoffe erhöhen die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse. Dies ist aber nur solange effektiv, wie die Betazellen noch zur ausreichenden Hormonproduktion fähig sind. Problematisch ist die Einnahme bei Nierenkranken, außerdem kommt es bei einigen Patienten zu einer Gewichtszunahme und einer häufigen Unterzuckerung. Weiterhin existieren Wirkstoffe, die die Zuckeraufnahme bereits im Darm hemmen. Relativ neu sind Diabetes-Medikamente mit der Bezeichnung Inketrin-Antagonisten. Sie ahmen die Wirkung des körpereigenen Hormons Inketrin nach, steigern also die nahrungsabhängige Insulinausschüttung und hemmen die Sekretion des blutzuckersteigernden Hormons Glukagon. Diese Wirkstoffe werden oft als Wochenspritze verabreicht und mit anderen Medikamenten kombiniert. Sie lösen häufig Durchfälle aus. Zudem hemmen sie recht häufig den Appetit, was bei übergewichtigen Typ-II-Diabetikern durchaus erwünscht ist. Ist der Diabetes Typ II bereits stark fortgeschritten, kann zusätzlich eine Insulintherapie notwendig werden. Bewährt hat sich dabei die sogenannte Basis-Bolus-Therapie, also die Kombination aus einem schnell- und einem langewirkenden Insulin. Letzteres sorgt für eine konstante Versorgung über den ganzen Tag hinweg, während das sofortwirkende Insulin nach einer Mahlzeit für eine rasche Senkung des Blutzuckers sorgt. Da es sich bei Insulin um ein Eiweiß handelt, muss es via Spritze verabreicht werden. Als Tablette eingenommen, würde die Magensäure das Protein aufspalten und damit unwirksam machen. Eine große Bedeutung bei Diabetes mellitus Typ II kommt den Patientenschulungen zu. Hier lernen die Betroffenen, ihr Leben gemäß dem Diabetes einzustellen. Insgesamt ist es wichtig, mögliche Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen zu behandeln und auf Alkohol und Nikotin zu verzichten. Beim Diabetes Typ III steht die Behandlung der auslösenden Grunderkrankung im Vordergrund, ein Schwangerschaftsdiabetes heilt meistens nach der Entbindung spontan wieder ab.
Ist Diabetes mellitus heilbar?
Mit Ausnahme des Schwangerschaftsdiabetes gilt Diabetes mellitus als unheilbar. Wobei hier differenziert werden muss: Ein Diabetes Typ I ist definitiv nicht heilbar, auch eine Linderung oder eine Verlangsamung ist nur durch eine lebenslange Insulintherapie möglich. Ohne diese Behandlung schreitet die Erkrankung schnell voran und senkt die Lebenserwartung ganz erheblich. Ein Diabetes Typ II kann, früh erkannt und optimal eingestellt, bei entsprechender Lebensweise so zum Stillstand gebracht werden dass er de facto nicht mehr existent ist. Bei entsprechend niedrigen Blutzuckerwerten kann ein vollkommen normales Leben geführt werden und die Erkrankung ist nicht mehr nachweisbar. Beim Typ III kann das Krankheitsgeschehen gestoppt werden, indem die Grunderkrankung beseitigt wird. Dies ist aber bei einigen Krankheiten, vor allem bei Bauchspeicheldrüsenkrebs, leider nicht mehr möglich.
Weitere Fragen zu Diabetes mellitus:
Ist Diabetes mellitus ansteckend?
Nein. Diabetes mellitus ist keine Infektionskrankheit und an der Entstehung sind keinerlei Krankheitserreger beteiligt. Somit kann auch keine Ansteckung erfolgen. Lediglich eine Vererbung ist möglich. Allerdings erhöht Diabetes das Risiko für Infektionen.
Welchen Arzt muss ich bei zur Diagnose und Therapie eines Diabetes aufsuchen?
Die Diagnose und Behandlung von Diabetes mellitus wird optimalerweise durch einen Internisten mit der Zusatzbezeichnung Diabetologie oder Endokrinologie durchgeführt. Nach ausführlicher Diagnose und Therapieeinstellung kann die Anschlussbehandlung meistens auch durch den Hausarzt weitergeführt werden.
Bedeutet die Diagnose Diabetes mellitus automatisch, dass ich Insulin spritzen muss?
Nein! Beim Diabetes Typ I ist eine lebenslange Insulingabe notwendig, weil der Körper kein Insulin mehr bilden kann. Typ-II-Diabetiker aber können ihren entgleisten Stoffwechsel durch entsprechende Maßnahmen wie eine Änderung der Essgewohnheiten und mehr Bewegung vollständig normalisieren. Die Bauchspeicheldrüse ist hier noch in der Lage, Insulin selber herzustellen. Ein langwieriges Krankheitsgeschehen kann diese Funktion zwar beeinträchtigen, nur im Extremfall aber muss Insulin gespritzt werden. Bevor zu diesem Schritt gegriffen wird, stehen erst einmal andere Wirkstoffe zur Verfügung. Beim Typ III hängt die Insulinpflichtigkeit von dem Ausmaß der Schädigungen ab, ein Schwangerschaftsdiabetes heilt zumeist von selber wieder ab.
Ist Diabetes mellitus tödlich?
Nein, zumindest bei adäquater Behandlung ist die Lebenserwartung nicht eingeschränkt. Stellt sich der Patient aber nicht entsprechend auf den Diabetes mellitus ein und/oder verzichtet auf eine Therapie, treten irreversible Schäden auf. Das Risiko für potenziell tödliche Erkrankungen (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall und Krebs) steigt rapide an.
Kann ich einem Diabetes mellitus vorbeugen?
Das kommt auf den Typ an. Eine gesunde Lebensweise mit vielseitiger, vitaminhaltiger Kost und ausreichend Bewegung bietet einen wirksamen Schutz vor Diabetes Typ II (und meist auch vor Schwangerschaftsdiabetes). Gegen den Typ I gibt es keine wirksame Prophylaxe, da hier ein Autoimmunprozess die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse zerstört. Für den Typ III kann keine allgemeingültige Aussage getroffen werden, da hier die Ursachen extrem vielseitig sind.
Wirkt sich Diabetes mellitus auf mein Immunsystem aus?
Ja, definitiv. Zumindest ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus schwächt die körpereigene Immunabwehr erheblich. Deswegen leiden Diabetiker ohne wirksame Behandlung ungleich öfter unter Infektionskrankheiten. Vor allem Pilzinfektionen (Mykosen) sind häufig. Eine Lungenentzündung verläuft heftiger und ist mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden. All das ist ein weiterer Grund, Diabetes nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und sich in eine geeignete Behandlung zu begeben.
Auf welche Speisen muss ich als Diabetiker verzichten?
Auf gar keine. Die Zeiten, in denen Zucker als reines Gift für Diabetiker angesehen wurden, sind vorbei. Vielmehr empfiehlt sich eine ausgewogene und vielseitige Ernährung, in der es keine prinzipiellen Verbote gibt. Grundsätzlich sollten stark zucker- und fetthaltige Speisen aber allenfalls die Rolle eines Genussmittels einnehmen und nur in geringen Maßen konsumiert werden. Diese Empfehlung trifft aber genauso auf Gesunde zu.
Ich bin Typ-II-Diabetiker und schaffe es nicht, abzunehmen. Was nun?
Zunächst einmal sollte man keine Panik bekommen. Wichtig ist dann umso mehr eine Therapie mit den passenden Medikamenten. Da sich eine Gewichtsabnahme aber praktisch immer günstig auf das Krankheitsgeschehen auswirkt, sollten Sie am Ball bleiben. Integrieren Sie Ihre Mitmenschen in die Pläne zur Gewichtsreduktion. Gemeinsame sportliche Aktivtäten und Kochen macht meistens mehr Spaß. Setzen Sie sich kleine Ziele, die erreicht man leichter. Jedes Erfolgserlebnis motiviert zusätzlich. Aber auch Misserfolge sollten Sie einkalkulieren. Sollten Sie Ihre Essgewohnheiten auch dann nicht umgestellt bekommen, gibt es ein großes Angebot an professioneller Hilfe. Es ist absolut keine Schande, sich psychologische Hilfe zu holen. Nur im absoluten Extremfall kann eine Magenverkleinerung angezeigt sein.
Wenn ich Diabetiker bin, bekommt mein Kind dann auch Diabetes mellitus? Ist Diabetes erblich?
Nein, Diabetes mellitus ist keine Erbkrankheit. Allerdings besteht beim Kind dennoch ein erhöhtes Krankheitsrisiko. Beim Typ I lässt sich dies nicht beeinflussen. Sind die Eltern jedoch an Typ II erkrankt, kann das Kind durch eine entsprechende Lebensweise den Ausbruch der Erkrankung verhindern.
Ist ein Diabetes mellitus immer mit Folgeerkrankungen verbunden?
Nein, eine entsprechende Lebensweise und Therapie kann Folgeschäden verhindern. Diese sind ja das Ergebnis langjähriger überhöhter Blutzuckerwerte und genau diese können ja therapeutisch verhindert werden. Beim Typ I kann dies nur eine gezielte Insulintherapie erzielen, beim Typ II können Sie viel selber machen. Ausreichend Bewegung und eine ausgewogenen Ernährung können manchmal schon ausreichen, um den Blutzucker im Zaum zu halten. Falls nein, stehen umfangreiche Behandlungsmethoden zur Verfügung. Wenn es gelingt, denn Diabetes optimal einzustellen, lassen sich Folgeschäden vermeiden.
Diabetes mellitus: Quellenangaben
. (1) Derek LeRoith, Simeon I. Taylor, Jerrold M. Olefsky: Diabetes Mellitus – A fundamental and clinical text, 3. Edition, Lippincott Williams & Wilkins
. (2) Hans-Ulrich Häring, Baptist Gallwitz, u. v. m.: Diabetologie in Klinik und Praxis, 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Thieme-Verlag
. (3) Schatz&Pfeiffer:Diabetologiekompakt–GrundlagenundPraxis,5.Auflage,Springer-Verlag
. (4) Hendrik Lehnert: Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und
Stoffwechsel, 4. vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage, Thieme-Verlag
. (5) Piper:InnereMedizin,2.Auflage,Springer-Verlag
. (6) Informationsmaterial des Diabetes-Informationsdiestes München als Teil der Helmholtz-
Zentrums München (Deutsches Zentrum für Gesundheit und Umwelt)
©medizin.de 2016-2018 (Gunnar Römer)