Medizin Logo

Selbstbräuner
Selbstbräuner Irina-Bg / shutterstock.com

Selbstbräuner aus Kapsel und Tube

Süßstoff als Bräunungsmittel

Sonnenbräune ist in. Da wir derzeit mit Sonne nicht so verwöhnt werden, verzeichnen die Solarien einen Ansturm von Bräunungswilligen. Gebräunte Haut vermittelt und das Gefühl von Wellness, Luxus und Gesundheit. Seit dem Jahr 1920 ist die Ganzkörperbräune der neue Trend. Damals lief das Model Coco Chanel auf den Couture Fashion Shows frisch gebräunt. Sie war gerade aus einem Urlaub an der französischen Riviera zurückgekehrt. Seither hat dieser Trend angehalten. Warnende Berichte über die Schädlichkeit der UV-Strahlung lassen einige Bräunungsfanatiker jedoch zu alternativen Methoden greifen.

Ist die Bräune aus Pille oder Tube aber wirklich gesünder?

1920 wurde ein Versuch zur Austestung von potenziellen Diabetiker-Süßstoffen durchgeführt. Unter den Substanzen war auch die Substanz Dihydroxyaceton (DHA). Diese zuckerartige Verbindung erwies sich als Süßstoff jedoch unbrauchbar. Bei Kindern beobachtete man eine isolierte Braunverfärbung der obersten Hautschicht, als nach Verabreichung zufällig Speichel über die Haut lief. Erst 1950 wurde Dihydroxyaceton als Selbstbräuner vermarktet. Die Hautverfärbung kommt durch die so genannte Maillard-Reaktion zustande. Diese gibt auch gebratenem Fleisch seine appetitlich braune Farbe und denaromatischen Geschmack. Hierbei reagiert das DHA mit Eiweißen und Aminosäuren der oberen Hautschicht und bildet Melanoidine.

Diese DHA-Bräunung hält mehrere Tage an, nach zwei bis drei Tagen beginnt die langsame Abstoßung der gefärbten Hornhautschicht. Dies zeigt sich in einer unregelmäßigen und blasser werdenden Hautfarbe. Um wie gewünscht zu wirken muss das Mittel sehr gleichmäßig aufgetragen werden. Hornhaut sollte zuvor mit einem Peeling entfernt werden, da diese sich sonst dunkler färbt. Der Erfolg wird nach etwa einer Stunde sichtbar. Bei heller Haut kann es zu gelbstichigen Brauntönen kommen.

Seit 1999 werden zusätzlich zu den Cremes und Lotionen Airbrush-Systeme verwendet, bei denen per Hand oder per Dusche DHA für ca. 6 - 60 Sekunden auf die Haut aufgesprüht wird. Die Konzentrationen liegen zwischen 4 - 11 %. Während der Behandlung wird zudem empfohlen, die Luft anzuhalten, um ein Einatmen von DHA möglichst zu verhindern. Nachteilig an DHA ist der häufig unnatürliche gelbe Farbton, die scheckige Pigmentierung sowie ein Versagen bei jedem 10. Anwender. Außerdem verbreitet DHA ein sehr charakteristisches Aroma, das selbst durch Parfumzusatz nur schwer zu überdecken ist.

Trotz bestehender Bräune kein ausreichender Sonnenschutz

Braune Zellen begehen Selbstmord. Ob DHA auch schädlich ist, haben Dr. Christina Burdinski von der Klinik für Dermatologie am Uniklinikum Mannheim und ihre Kollegen genauer untersucht. Es besteht der Verdacht, dass Selbstbräuner die Erbsubstanz schädigen können. Tritt ein Schaden auf, wird eine programmierter Selbstmord der Zelle, die so genannte Apoptose, eingeleitet. (Akt Dermatol 31, 2005, 263).

Die Zugabe von Antioxidantien kann die Zellschädigung zwar leicht verbessern, aber die DNA-Schäden werden nicht vollständig verhindert. Karotinoide Karotinoide sind sekundäre Pflanzenstoffe, die zum Beispiel als Lycopin in Tomaten oder als Betacarotin in Karotten vorkommen. Lycopin und Betacarotin können vor UV-Strahlung, vor Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen. Sie tun dies, indem sie zu Vitamin A umgewandelt werden, das zellschädigende freie Radikale hemmt. In Studien konnte bewiesen werden, dass Karotinoide einen gewissen Schutz vor UV-Licht bieten. Bei einer Einnahme von ß-Carotin im Dosisbereich von 24 mg pro Tag über 12 Wochen können Schutzeffekte erzielt werden.

Nach ca. 8 Wochen Einnahme wurde eine deutliche Verminderung einer Rötung durch UV-Licht im Vergleich zur Kontrolle festgestellt. Dieser Effekt war nach 12-wöchiger Gabe von ß-Carotin noch stärker ausgeprägt. Die Schutzwirkung lässt sich durch die Kombination von ß-Carotin mit Tocopherol noch steigern. Der durch die Einnahme von Carotin erhaltene Sonnenschutzfaktor lag bei etwa 2-3. Die Daten zeigen, dass ein oraler Sonnenschutz mit Carotinoiden grundsätzlich möglich ist. Zu diesem Schluss kommt Dr. Victoria Meinschäfer von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.

Karotte statt Kapsel ist aber nicht möglich

Für Raucher ist das Nahrungsergänzungsmittel Beta-Carotin nicht ohne Risiko. Bereits bei einer täglichen Dosis von 20 mg wurde im Zusammenhang mit Rauchen eine gesundheitsschädliche Wirkung beobachtet. In manchen A-C-E-Säften sind bis zu 36 mg enthalten. Forscher der Universitäten in Witten-Herdecke und Düsseldorf haben in Zusammenarbeit mit niederländischen Kollegen herausgefunden, dass Tomatenmark vor Sonnenschäden schützen kann. Sie testeten die Schutzwirkung an 19 Versuchspersonen. Eine Gruppe der Testpersonen verzehrte täglich 40 Gramm Tomatenmark zusammen mit 10 Gramm Olivenöl. Eine Kontrollgruppe erhielt nur das Öl. Das Ergebnis nach zehn Wochen: Die Haut der "Tomatenmarkgruppe" war besser vor Sonnenbrand geschützt. Der aufgebaute Sonnenschutzfaktor lag bei allen Personen zwischen zwei und drei.

Nach Ansicht der Wissenschaftler ersetzt das zwar keine Sonnencreme, ein erhöhter Grundschutz für besonders sonnenempfindliche Menschen ist jedoch möglich. Über die normale Nahrung hingegen können Carotinoide nicht als Überschuss aufgenommen werden. Natürliche Carotinoide im Gemüse sind kein ausreichender Schutz vor der Sonne.

Eine Lokaltherapie mit Lycopen reduzierte die Erythemreaktionen durch UV-Strahlung signifikant stärker als Placebo und immer noch deutlicher als die lokale kombinierte Applikation von Vitamin E und C in derselben wirkstofffreien Grundlage. "Sonnenschutz von innen ist sehr unzulänglich?, erklärt auch Professor Eberhard Paul, Leitender Arzt der Hautklinik Nürnberg. Vitamine würden zwar als "Radikalfänger" fungieren, allerdings eher in bescheidener Form. Von einem zusätzlichen Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln rät das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke ab.

Bräunen mit Turboeffekt

Seit den 1980ern gibt es Bräunungsbeschleuniger zur Beschleunigung und Intensivierung der Bräunungsreaktion, sozusagen "Anti-Sonnenschutzmittel". Diese Mittel sollen die Melanogenese stimulieren. Zum Einsatz kommen Melaninvorstufen wie das Tyrosin oder das Acetyltyrosin, zum anderen Energielieferanten wie das Adenosintriphosphat (ATP), das zum Beispiel als Vitatan oder TRF 2000 bezeichnet wird.

Vielen Bräunungsbeschleunigern werden jedoch auch Inhaltsstoffe hinzugefügt, die eine Bräunung vortäuschen können wie zum Beispiel Muskatnuss als Durchblutungsförderer und auch das Dihydroxyaceton als Selbstbräuner. Die Gefahren der Bräunungsbeschleuniger sind neben Hautreizungen und Allergien auf spezielle Inhaltsstoffe aber auch der häufige Zusatz von pflanzlichen Ölen. Lavendelöl, Sandelholzöl, Zedernöl oder Bergamottöl können phototoxische Reaktionen auslösen. Damit zeigen die Bräunungsbeschleuniger keine effektive Wirksamkeit, sondern eher ein hohes Gefahrenpotential im Hinblick auf phototoxische oder photoallergische Reaktionen.

Der gesunde Teint aus der Kapsel hat also gewisse Tücken. Natürlich macht die Menge das Gift zum Gift. Dennoch sollte keine bedenkenlose Einnahme von Bräunungspräparaten erfolgen. Leider ist ein Ausweichen auf die Natur nur bedingt möglich. Ein Kilo Möhren enthält etwa 70 mg Betacarotin. Doch nur etwa 10% werden aus rohen Möhren resorbiert. Um auf diese Weise seinen Hautton zu ändern, müsste man pro Tag 5 Kilogramm Möhren Essen. Guten Appetit.

© 2006-2018 medizin.de (Matthias Bastigkeit)